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Massenproduktion - Die Kehrseite der Modeindustrie

Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist historisch eng mit der industriellen Revolution vor über 200 Jahren verbunden und zugleich ein Paradebeispiel für die Globalisierung im 20. Jahrhundert. Kaum eine andere Branche spiegelt die weltweite Vernetzung sowohl auf der wirtschaftlichen Ebene sowie im individuellen Alltag wider. Die Chemiefaser und spezielle Herstellungs- und Veredlungsverfahren liefern seit den 1950er Jahren die Voraussetzung für die Massenproduktion von Bekleidung. Sie ist billiger in der Produktion und steigert den Bedarf und Konsum der Bekleidungsindustrie in der westlichen Welt. Die wachsenden Löhne und die damit einhergehenden Kosten, sorgen dafür, dass die arbeitsintensive Bekleidungsproduktion, die bis heute zu großen Teilen durch handwerkliche Arbeit erledigt wird, in die Billiglohnländer verlagert werden muss. Umwelt- und Sozialstandards spielen dabei eine untergeordnete Rolle.

Das Streben nach Anerkennung und Selbstverwirklichung, sind Bedürfnisse die der Modekonsum erfüllt. Durch die schnelle Massenproduktion von immer neuer Bekleidung, wird die Lust am Kaufen angeregt, die sich bis zur Kaufsucht steigern kann. Kaufsüchtige suchen nicht den Besitz, sondern den Kick beim Einkaufen. Shoppen wirkt dann wie eine Droge, die das Belohnungssystem unseres Gehirns positiv beeinflusst. Um sich und ihre Beutestücke öffentlich zu inszenieren, nutzen vor allem die jüngeren Konsumenten die sozialen Netzwerke. Mit ihren selbstgedrehten Clips, den Haul Videos, prägen sie ein neues Filmformat, das wiederum von den Bekleidungsmarken als lukratives Werbetool eingesetzt wird.

Die Hersteller verlocken bewusst ihre Kunden durch einen unschlagbar niedrigen Preis dazu, mehr Kleidung zu kaufen als sie eigentlich benötigen. Sich für ein vergleichsweise billigeres Angebot entscheiden zu können, täuscht eine Form von Verzicht vor und erhöht die Möglichkeit noch mehr zu konsumieren. Sonderangebote und Ausverkaufsaktionen bewirken, dass neue Kaufanreize beim Konsumenten geschaffen werden.

Die niedrige Preispolitik und schnelle Zyklen gehen zu Lasten der Textilarbeiter/innen am anderen Ende der Produktionskette, die so gut wie nichts an der Billigmode verdienen und unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten müssen. Sexuelle Belästigungen, Beleidigungen und Demütigungen gehören ebenfalls zur Tagesordnung. Sie verfügen über keinerlei arbeits- und sozialrechtliche Sicherheiten wie Arbeitsverträge, Krankenversicherung, Rente, Mutterschutz oder Urlaubsansprüche.

Ökologische Folgen

Bei der Produktion von Baumwolle werden, wie in keinem anderen landwirtschaftlichen Bereich, ca. 25 % aller weltweit verwendeten Insektizide eingesetzt. Dies hat zur Folge, dass jährlich ca. 20.000 Kleinbauern an den Folgen des Pestizideinsatzes beim Baumwollanbau, sterben. Auch beim Färben der Baumwolle, bei der Produktion von Chemiefasern und bei der Veredelung von Textilien werden viele Chemikalien verwendet. Dies führt nicht nur zu gesundheitlichen Schädigungen bei den Arbeiter/innen, sondern auch zu einer hohen Abwasserbelastung. Baumwollbekleidung hat ihre besonderen Eigenschaften nicht von Natur aus, sie heiß waschen zu können ohne sie dabei zu schrumpfen, sondern es wurden viele Chemikalien eingesetzt, um dies zu erreichen. Schwermetalle wie Cadmium, Blei und Kupfer stecken in Farbstoffen und Pigmenten. Sie können sich im Körper anreichern und Organe sowie das zentrale Nervensystem schädigen. Auch der Wasserverbrauch zur Herstellung von Baumwolle ist unsagbar groß. Dies führt häufig zu ausgetrockneten Seen und Flüssen, sowie zur Versalzung der Anbauflächen.

Jährlich werden mehrere Millionen Tiere für die Pelzindustrie gezüchtet und gehäutet. Oftmals werden sie in winzigen Käfigen gehalten, misshandelt und zum Schluss zieht man ihnen buchstäblich bei lebendigem Leibe das Fell über die Ohren. Von artgerechter Haltung ist oftmals keine Spur. Die Zahl der gehäuteten Tiere (meist Kühe oder Hunde) für die Lederproduktion, liegt noch um einiges höher. Auch Schafe und Gänse erleiden teilweise das gleiche Schicksal.

Ist eine Verbesserung möglich?

Nach Betrachtung der Umstände, die durch die Fast Fashion hervorgehen, gestaltet es sich schwierig ein klares Bild zu fassen, ob eine deutliche Verbesserung tatsächlich im Bereich des Möglichen liegt. Einerseits boomen derzeit Bio-Lebensmittel, andererseits Billigkleidung. Die Konsumenten sind nicht bereit 20 Euro für ein T-Shirt zu bezahlen, viele können es sich aber auch nicht leisten. Nur wer zu Billigtextilien greift, muss auch oft doppelt kaufen, da sie von minderer Qualität sind. Würde die Qualität im Fokus der Bemühungen liegen, würden auch Näher/innen unter besseren Bedingungen arbeiten können. Jedoch heißt dies nicht, dass ein „Made in Bangladesch“ grundsätzlich etwas Schlechtes bedeutet. Nicht jeder dort ansässiger Fabrikbesitzer ist ein Verbrecher. Ein Boykott könnte also am Ende die einfachen Leute treffen.

Die Politik muss etwas gegen den Zustand tun, unter dem die Fabrikarbeiter leiden. Der niedrige Lohn ist nur ein Teil des Problems. Ebenfalls muss der Zustand der Fabriken verbessert werden, sanitäre Anlagen müssen eingerichtet werden und sexuelle Übergriffe sollten effizienter bekämpft werden. Es muss über die Welthandelsorganisation WTO und über bilaterale Handelsabkommen dafür gesorgt werden, dass Sozialstandards eingehalten werden. Auch die Länder selbst müssen aktiv werden: Sie müssen ihre Wirtschaft kontrollieren und Verstöße ahnden.

Allerdings sorgen die kleinen Unternehmen, die Upcycling oder Recycling betreiben und mediale Plattformen, für Lichtblicke. Bestimmte Apps bieten Leuten die Möglichkeit, ihre Altkleider zu verkaufen oder untereinander zu tauschen. Man muss also nicht zwangsläufig jedes Mal in die Geschäfte laufen, um ein Kleidungsstück zu erwerben. Somit können Konsumenten dem Textilwahn zumindest ein wenig entgegenwirken. Jedoch muss viel passieren, damit das Elend der Textilbranche und der Überfluss an Altkleidern eingedämmt werden kann. Jeder kann seinen Teil dazu beisteuern, auch wenn es nur ein kleiner ist. Nur dann ist eine längerfristige Optimierung der Zustände in der Modeindustrie möglich.

 

Ihre Leah

 

 

 

Bildquelle: shutterstock/Shyntartanya.com


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