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Warum wir uns oft von wichtigen Aufgaben ablenken
Viele von uns kennen das: Bestimmte Aufgaben stehen an und doch beschäftigen wir uns mit anderen Dingen, sodass wir am Ende des Tages nicht das erreicht haben, was wir uns vorgenommen haben. Dies wiederholt sich regelmäßig und drückt auf unser Gemüt. Außerdem kann darunter die eigene Leistung und Arbeit leiden, Deadlines werden nicht eingehalten oder es müssen Überstunden eingelegt werden, um die durch das Ablenken verlorene Zeit wieder aufzuholen.
Doch woran liegt es, dass wir uns so viel ablenken und was können wir dagegen tun? In diesem Artikel erfährst Du sowohl die Hintergründe als auch Ideen für einen neuen, besseren Umgang mit Ablenkungen.
Ablenkung vs. Prokrastination
Prokrastination, auch als Aufschieberitis bekannt, ist als Begriff den meisten von uns bekannt. Darunter wird meist verstanden, sich vor Aufgaben zu drücken und diese so lange aufzuschieben, bis der Druck zu hoch wird, dass der innere Schweinehund dann doch irgendwann bereit ist, nachzugeben. Es ist somit eine bestimmte Form der Ablenkung. Denn um die anstehenden Aufgaben nicht bearbeiten zu müssen, werden Alternativen gesucht und gefunden.
Damit hat diese Vorstellung einen sehr negativen Beigeschmack. Wir sind so lange faul, bis es nicht mehr geht. Doch es können deutlich mehr Gründe hinter Prokrastination stecken.
Dazu betrachten wir zunächst ganz allgemein die beiden möglichen Ursachen für Ablenkung:
Innere und äußere Gründe
Äußere Ursachen kennt vermutlich jeder von uns. Sei es das Gespräch mit den KollegInnen, eingehende E-Mail-Benachrichtungen oder der nächste Telefonanruf. Hier werden Impulse von außen an uns herangetragen, die unsere Aufmerksamkeit wollen. Differenziert werden kann hier zwischen der Dringlichkeit und Intensität der Impulse. Beides beeinflusst unsere Fähigkeit, zu äußeren Störungen Nein zu sagen und uns weiter auf die Aufgabe zu konzentrieren, mit der wir uns gerade beschäftigen.
Innere Gründe sind mindestens genauso vielfältig wie die äußeren. Sei es fehlende Konzentration mangels ausreichendem Schlaf, die gedankliche Zerstreutheit durch kreisende Gedanken um ein ganz anderes Thema, Aufgewühltheit, allgemeine Unzufriedenheit oder die bei der Prokrastination bereits erwähnte Abwehr gegen die anstehende Aufgabe. Es gibt also viele interne Zustände, die es uns erschweren, sich auf eine bestimmte Aufgabe zu fokussieren.
Auswirkungen von Ablenkung
Einer Studie der Psychologen Gloria Mark vom Department of Informatics der University of California und Daniela Gudith und Ulrich Klock vom Institut für Psychologie der Humboldt Universität zufolge, haben Ablenkungen eine enorme Auswirkung auf unsere Leistungsfähigkeit:
Fast alle drei Minuten werden ArbeitnehmerInnen im Büro mit Ablenkungen konfrontiert, sowohl mit inneren als auch äußeren. Die Auswirkungen sind enorm.
Bis zu einer halben Stunde brauchen die ArbeitnehmerInnen, um nach einer Unterbrechung mit der ursprünglichen Aufgabe wieder auf dem gleichen Stand wie vor der Unterbrechung fortfahren zu können.
Das bedeutet, wenn Du drei bis vier Ablenkungen während Deiner Arbeitszeit nachgehst, verlierst Du bis über 90 min der Dir verfügbaren Zeit.
Leider ist diese verlorene Zeit für uns an sich nicht spürbar, wir haben keinen direkten Kompass dafür. Vielmehr entsteht bis zum Ende eines Arbeitstages dann das Gefühl, zu wenig geschafft zu haben.
Daher ist es umso wichtiger, bewusster mit Ablenkungen umzugehen und deren Hintergründe zu kennen.
Produktivität fördern durch den Flow-Zustand
"Arbeit soll Spaß machen!" — ein Satz, der so langsam auch in Unternehmen ankommt. Dabei hat die Aussage viele Bedeutungsebenen, die nicht immer in den Blick genommen werden.
Auch wenn die Arbeit an sich begeistert, gibt es mitunter Aufgaben, die für uns entweder unglaublich leicht oder extrem schwierig sind. Beide Zustände können die Konzentration und die Produktivität hemmen:
Ist eine Aufgabe sehr leicht, hat unser Gehirn viel ungenutzte Kapazitäten zur Verfügung. Die eigenen Gedanken gehen auf Wanderschaft und nach kurzer Zeit erliegen wir der nächsten Ablenkung. Auf der anderen Seite des Spektrums können besonders anspruchsvolle und schwierige Aufgaben zu so viel Druck und Stress führen, dass wir mittels Ablenkung aus diesem Zustand ausbrechen.
Die goldene Mitte zwischen Anspruch und Leichtigkeit ist hier der Schlüssel zu mehr anhaltender Konzentration. Wenn Aufgaben uns in ihren Bann schlagen, dann haben viele der alltäglichen Störimpulse gar keine Chance mehr. Je öfter wir in diesen Zustand kommen können, desto mehr kommen wir in unser wahres Potenzial.
Die eigene Umgebung strategisch umgestalten
Abseits vom Flow-Zustand kann es sehr hilfreich sein, wenn wir eine gewisse Kontrolle über unsere Umgebung ausüben. Bereits Tim Ferris schrieb in seinem Buch "Die 4-Stunden-Woche", welchen enormen Einfluss bereits kleine Änderungen im Umgang mit seiner Arbeitsumgebung haben können. Nachdem er allen KollegInnen mitgeteilt hatte, dass er nur noch an zwei Tagen die Woche auf seine E-Mails reagieren würde und dass sie in wirklichen Notfällen ihn ansonsten anrufen könnten, blieben Anrufe fast vollständig aus. Was in früheren E-Mails noch als absoluter Notfall beschrieben wurde, war plötzlich doch nicht mehr so dringend. Nun konnte er an zwei Tagen die Woche konzentriert seine E-Mails abarbeiten, anstatt täglich durch E-Mails aus seiner eigentlichen Arbeit herausgerissen zu werden.
Je klarer wir in unserem beruflichen Umfeld signalisieren, wie und wann wir erreichbar und offen für Austausch sind, desto einfacher haben es auch unsere KollegInnen. Solche Strukturen aufzubauen kann eine Weile dauern, lohnt sich auf lange Sicht aber auf jeden Fall.
Auch uns selbst sollten wir da genauer in den Blick nehmen: Wie oft am Tag öffnest Du Dein E-Mail-Programm? Welchen weiteren möglichen Störquellen lässt Du z.B. an Deinem Schreibtisch oder auf Deinem Laptop zu?
Rituale für eine solide Struktur
Bevor Du jetzt denkst, dass es beim Umgang mit Ablenkungen darum geht, möglichst die komplette Arbeitszeit über durchzuarbeiten:
Pausen sind sehr wichtig! Doch wann und wie wir sie benutzen, ist genauso wichtig.
Wenn Du z.B. merkst, dass Deine Konzentration nachlässt, dann ist ein kurzes Durchschnaufen auf jeden Fall sinnvoll. Auch kannst Du damit experimentieren, in welchen Zeitabständen Du eine Pause einlegen möchtest. Je regelmäßiger und konsequenter Du solch ein Verhalten übst, desto mehr kann sich auch Dein Körper und Dein Geist darauf einstellen.
Zusätzlich kann Dir diese Routine helfen, unerwarteten Unterbrechungen einen Riegel vorzuschieben. Schließlich ist es Deine Energie und Deine Produktivität, die auf dem Spiel steht.
Überlege Dir zudem, wie Du Deine Pausen gestalten möchtest. Der Blick aufs Smartphone oder das Stöbern auf Social Media kann durchaus helfen, den Kopf wieder freizubekommen und durchzuatmen. Gleichzeitig können dort Eindrücke lauern, die Dich für eine längere Zeit beschäftigen und die Wiederaufnahme Deiner Arbeit behindern.
Aufgabenwechsel für mehr Kreativität
Einen besonderen Stellenwert beim Thema Ablenkung nehmen kreative Aufgaben ein. Nach dem Motto "Kreativität lässt sich nicht erzwingen" ist eine mögliche Ursache für die sinkende Produktivität das sture Festhalten an einer Aufgabe, bei der Du gerade nicht weiterkommst. Ablenkungen sind hier dann meist sehr verlockend.
Bevor Du nun versuchst, alle Ablenkungen zu unterbinden und Dich ganz auf die Aufgabe zu konzentrieren, tritt innerlich einen Schritt zurück und beantworte Dir die Frage, ob Du die vorliegende Aufgabe erst sacken lassen und dann später zu ihr zurückkehren solltest.
Fazit
Das Wissen um die Gründe, warum Du Dich ablenkst, kann Dir helfen, anders damit umzugehen. Während externe Störungen und Einflüsse durch eine Umstrukturierung Deines Umfeldes beeinflusst werden können, geht es bei den inneren Ursachen zunächst um das Wahrnehmen und Bewusstwerden. Anschließend kannst Du diese näher beleuchten und angehen.
Der Flow-Zustand beim Arbeiten wiederum hilft Dir, Nein zu Anforderungen zu sagen, mehr bei Dir zu bleiben und Deine Konzentration zu erhöhen.
Ich wünsche Dir einen bewussten und fokussierten Arbeitstag!
Dein Andreas
Quellen:
https://www.shutterstock.com/de/image-photo/african-guy-freelancer-office-worker-take-1755781142
https://www.ics.uci.edu/~gmark/chi08-mark.pdf
https://www.zeit.de/campus/2012/04/prokrastination-tipps
https://karrierebibel.de/ablenkung/
https://editionf.com/schluss-mit-ablenkungen-neun-tipps-fuer-mehr-konzentration/
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