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Ist Neuromarketing Manipulation oder Kommunikation?

Neuromarketing polarisiert. Für die einen ist es eine Art der Kommunikation, die für beide Parteien – KundInnen und Unternehmen – gewinnbringend ist, für die anderen ist es schlichtweg reine Manipulation. Doch wer hat recht und ist es ethisch vertretbar?

Beim Neuromarketing handelt es sich um eine Marketingdisziplin, die – metaphorisch gesprochen – versucht die Gedanken der KundInnen zu lesen. Es geht darum, zu verstehen, was in dem Gehirn der/des KundIn vor sich geht, bevor eine Kaufentscheidung getroffen wird. Wie wird diese Wahrnehmung gefiltert und unbewusst verarbeitet? Und wie kann man diese neurowissenschaftlichen Erkenntnisse schlussendlich für Werbung und Kundenservice nutzen?

Laut Definition ist Neuromarketing eine Disziplin die untersucht, wie man die Ergebnisse der Hirnforschung nutzen kann, um Marketingmaßnahmen erfolgreicher zu machen. Die Marketing- und Hirnforschung hat herausgefunden, dass mehr als 70 % der Kaufentscheidungen unbewusst und emotional getroffen werden. Neuromarketing zielt darauf ab, Wahl- und Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Genau deshalb werden die Wörter „Manipulation“ und „Kommunikation“ immer wieder mit diesem Begriff in Verbindung gebracht, was für hitzige Diskussionen sorgt.

Ein besonders gutes Beispiel, welches die irrationale Kaufentscheidung im Gehirn veranschaulicht, ist das Pepsi-Paradox:

In den 2000er-Jahren bewegte Hirnforscher ein ganz bestimmtes Phänomen – und zwar: Warum verkaufte sich Pepsi schlechter als Coca-Cola, obwohl die vorherigen Blindverkostungen deutlich zeigten, dass Pepsi geschmacklich beliebter war? Die Hirnforschung fand heraus, dass beim Betrachten der beiden Produkte verschiedene Hirnareale aktiviert werden. Coca-Cola regte hauptsächlich den dorsolateren präfrontalen Kortex an, der die Emotionen im Gehirn steuert und somit bei den meisten KonsumentInnen positive Empfindungen und Erinnerungen auslöste. Diese Emotionen sind bei den meisten Menschen so tief im Gehirn eingebrannt, dass sie sich trotz des besseren Geschmacks bzw. der Produktqualität immer wieder für die andere Marke entscheiden würden.

 

Wie genau kann man Neuromarketing als Unternehmen gezielt nutzen?

Der Fokus des Neuromarketings liegt darauf herauszufinden, welche positiven Emotionen die Marke mit den KundenInnen verbindet und mit diesen Emotionen gezielt umzugehen. Dies kann beispielsweise durch visuelle Reize erfolgen. Im Neuromarketing gibt es viele Beispiele, die belegen, dass eine starke Bildsprache die KundenInnen nachhaltig beeinflusst. Das beginnt bei einem aussagekräftigen Firmenlogo und reicht bis zur ästhetischen Bildauswahl für Werbeplakate und eine einheitliche und stimmige Werbe- und Bannergestaltung (Farbe, Komposition, Typografie). All dies sollte darauf abzielen, die richtigen Emotionen der Zielgruppe zu wecken. Ein gutes Bespiel hierfür ist die Marke Apple. Der Nutzwert von Apple-Produkten spielt sicherlich eine große Rolle bezüglich des Kaufanreizes. Dennoch ist die Marke in erster Linie deshalb so beliebt, weil das ästhetische Design anziehend auf die KonsumentInnen wirkt.

Diese Wirkung lässt sich durch bestimmte Methoden bemessen. Zum einen die apparativen Tests wie die der Blickregistrierung, Hautwiderstandsmessung oder Hirnscans, welche die Reaktionen der Testpersonen bezüglich Verpackungen, Werbespots und andere Werbemittel offenbaren. Zum anderen sämtliche Erkenntnisse und Methoden der Hirnforschung, die auf die Prozesse des Unterbewusstseins abzielen:

Multisensorische Verarbeitungsprozesse: Wie verarbeitet das Gehirn Geräusche, Gerüche und andere Sinneseindrücke? Das könnte zum Beispiel für die Gestaltung der Produktverpackung entscheidend sein.

Emotional-kognitive Verarbeitungsprozesse: Wie werden Anzeigen und Werbespots im Gehirn verarbeitet?

Neurolinguistik: Wie verarbeitet das Gehirn Sprache?

Neurowissenschaftliche Persönlichkeitsforschung: Wie unterschiedlich reagieren Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsprofilen auf unterschiedliche Produkte und Marken und welche Zielgruppen lassen sich daraus ableiten?

Neuromarketing wird oftmals zu den neueren Marketingstrategien gezählt, jedoch existiert sie bereits seit langer Zeit. Betrachten wir das Ganze an dem Beispiel von Ikea. Die Art des Ladenaufbaus allein könnte man als reine Manipulation betrachten, denn der Weg, der durch Ikea führt, zwingt einen regelrecht an allen Produkten vorbeizulaufen, da es keine oder kaum anderen Wege gibt. Die Präsentation der Produkte ist so reizend drapiert, dass man so gut wie nie den Laden verlässt, ohne zumindest Kerzen oder Deko gekauft zu haben.

 

Ist Neuromarketing nun Kommunikation oder doch nur Manipulation des Kunden?

Schlussendlich lässt sich sagen: vermutlich beides. Denn Neuromarketing befasst sich tatsächlich primär mit der Kommunikation mit dem Unterbewusstsein, jedoch ist gezielte Manipulation des Unterbewussten vermutlich möglich – doch auch nur dann, wenn die Kommunikation auf bereits vorhandene Persönlichkeitstypen abzielt. Beim Marketing sollte eine Verbesserung der Kommunikation im Vordergrund stehen. Die Vorteile, die das jeweilige Produkt mit sich bringt, muss auch im Unterbewusstsein ankommen und verstanden werden, da im Unbewussten über einen Kauf oder Nichtkauf entschieden wird. Zusätzlich stellt sich auch die Frage, ob es wirklich so schlimm ist. Denn wenn ein Unternehmen voll und ganz von seinem Produkt überzeugt ist, darf es dann nicht auch so gut es geht präsentiert werden? Diese Frage sollte jeder für sich selbst beantworten.

 

 

 


Headerbild: shutterstock.com/g/lightspring


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